23.03.2010 Interne Veranstaltung der sozialen Ansprechpartner mehrerer Finanzbehörden. Lesung und Diskussion im Finanzamt Bottrop. 19.05.2010 Kreuzbund Fachverband Bingen Vortrag mit Diskussion. Holzhauser Straße 16 Hildegardisschule 55411 Bingen Start: 19:30 Uhr 25.06.2010 Caritasverband für das Bistum Dresden-Meißen e.V. Lesung mit anschließender Diskussion. Uhrzeit und Ort stehen noch nicht fest. |
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Lesung vom 10.
März 2009 – VHS Filmforum Bottrop
Diese Lesung sollte für mich der Startschuss sein, um das mir so
wichtige Thema Co-Alkoholismus einer breiten Öffentlichkeit näher zu
bringen. Bei dieser Veranstaltung am 10. März wurde ich auch vom Kreuzbund
Bottrop in Person des Vorsitzenden organisatorisch stark unterstützt. Unter
anderem sorgte er dafür, dass wir die entsprechenden Räumlichkeiten zur
Verfügung gestellt bekamen. Aber auch in Sachen Werbung war er sehr aktiv
unterwegs, wofür ich ihm heute noch sehr dankbar bin.
Hatten wir zunächst mit maximal 30-40 Interessenten geplant, so wurde uns
recht bald klar, dass selbst das mit 80 Sitzplätzen ausgestattete Filmforum
der VHS Bottrop vielleicht doch zu klein sein würde. Und genau so kam es
auch.
Bei Regenwetter und Temperaturen, die einen normalerweise in der Nähe seiner
Heizung bleiben lassen, standen bereits um 18:15 Uhr die ersten Menschen
Schlange. Bedenkt man, dass die Lesung um 19 Uhr beginnen sollte, fanden wir
das schon recht erstaunlich. Noch erstaunlicher war allerdings, dass wir um
19 Uhr ca. 140 Menschen im Kino hatten, die aus feuerpolizeilichen Gründen
so nicht im Raum verbleiben durften. Dieses „Luxus-Problem“ lösten wir dann
aber ganz schnell auf, in dem wir eine zweite Lesung für 20:30 Uhr ansetzten
und die all die Menschen ohne Sitzplatz baten, dann doch noch einmal wieder
zu kommen, was dann noch einmal eine Lesung mit ca. 50 Zuhörern
hervorbrachte.
Das Thema des Buches kam in beiden Lesungen sehr gut beim Publikum an und
mir gefielen vor allen Dingen die Diskussionen, die sich den Lesungen
jeweils anschlossen.
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Lesung vom 01. April
2009 – Cafe157 in Berlin
Ganz anders als bei meiner ersten Lesung erwartete mich in Berlin
als Zuhörerschaft eine Selbsthilfegruppe. Also Menschen, die sich mit ihrer
Mitgliedschaft in dieser Gruppe zur Sucht und/oder zur Co-Abhängigkeit
bereits öffentlich bekannt hatten. Entsprechend „klein“ kam ich mir auch am
Anfang der Veranstaltung vor. Denn das hier waren alle Profis. So wie ich
auch. Und jeder unbedachte Spruch von mir konnte mächtig daneben gehen.
Allerdings stellte ich von Minute zu Minute fest, dass gerade dieser Kreis
das beste Umfeld überhaupt für mein Thema war. Denn hier konnte jeder etwas
mit dem Thema anfangen. Jeder war sich darüber bewusst, was er mit seiner
Sucht seinem Umfeld angetan hatte. Und daher war man hier auch viel
skeptischer als, bei meiner ersten Lesung in Bottrop.
Nach der Lesung, die „ganz unspektakulär“ in den Cafe-Räumlichkeiten
stattfand (was der Veranstaltung aus meiner Sicht genau den richtigen
Charakter gab), eine sehr rege Diskussion, wobei nicht alle Anwesenden meine
Sicht der Dinge teilten. Aber gerade das machte es für mich so interessant,
denn durch die verschiedensten Sichtweisen meiner Gegenüber erweitere ich
auch meinen Horizont. Auch noch 30 Minuten nach der Veranstaltung standen
ich mit einigen der Zuhörer vor dem Cafe, um das eine oder andere Thema zu
diskutieren.
Fazit dieses Termins: Die lange Anreise nach Berlin hatte sich definitiv
gelohnt!
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Lesung vom 09.
April 2009 – Cafe Florian in Bottrop
Über diese Möglichkeit einer Lesung hatte ich
mich ganz besonders gefreut, denn in diesem Cafe arbeitet meine Frau. Ihrem
Chef, der gleichzeitig auch Inhaber des Cafés ist, war es von Anfang an ein
großes Anliegen, diese Thema zu unterstützten. So finanzierte er auf eigene
Rechnung eine überregionale Anzeige, die auf das Thema und die Lesung
einging. Es sollten keine sieben Tage vergehen, bis alle Plätze im Cafe
telefonisch vorbestellt waren. Aber damit nicht genug. Selbst am Abend der
Lesung stießen noch unangemeldete Gäste zu der Veranstaltung hinzu. – An
dieser Stelle noch einmal ein herzliches „Danke schön!“ an Dennis!
Auch hier war die Hörerschaft wieder sehr bunt
gemischt. Da wir in meiner Heimat waren, kannte ich einige der Menschen und
bei dem einen oder anderen wunderte ich mich nicht wenig, warum gerade diese
Person an diesem Abend hier war. Aber auch Freunde unseres ältesten Sohnes
waren unter den Zuschauern und als ich mit Ihnen kurz vor der Lesung mit
Ihnen sprach, erfuhr ich dann schon, warum dieses Thema gerade für sie so
interessant war.
Die lockere und wohlige Atmosphäre des wirklich tollen
Cafés verfehlte bei der sich anschließenden Diskussion ihre Wirkung nicht.
Man merkte den Leuten an, dass sie hier eher bereit waren, sich an der
Diskussion zu beteiligen, als in einem dunklen Kinosaal. – Eine Entwicklung,
die ich so nicht erwartet hatte. – Als die Zuhörer dann sogar das Thema und
seine Facetten untereinander diskutierten, ohne auf „den Autor“ zu achten,
gefiel es mir erst richtig gut. – Wieder mal der Beweis für mich, dass das
Thema sehr aktuell und hoch brisant ist.
Kurz nach dieser Lesung stießen dann sogar drei Damen
zu unserer Kreuzbund Gruppe, die in der Lesung waren. Alle drei co-abhängig
und alle hatten sich bisher nicht getraut, ihre Probleme offiziell
anzugehen.
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Lesung
vom 18. Mai 2009 – Kreuzbund Gruppe in Oberhausen
Durch den Kontakt zur Oberhausener Kreuzbund Vorsitzenden bekam ich
die Möglichkeit, zunächst in ihrer Gruppe mein Buch vorzustellen.
Auch hier gab es wieder ein sehr großes Interesse an dem Thema. Wenn man
auch noch bedenkt, dass der Altersunterschied der 20 anwesenden
Gruppenmitglieder von ca. Mitte 30 bis über 70 Jahren betrug und trotzdem
alle die gleichen Erfahrungen gemacht haben, dann zeigt mir das immer wieder
aus Neue, dass mein Weg der richtige ist. Nämlich, das Thema Co-Alkoholismus
mehr in die Öffentlichkeit zu bringen.
Nach der Lesung kam dann auch noch ein Kreuzbund Kollege zu mir, der erst
seit einigen Monaten als Co in der Gruppe ist. Sein Satz „Du hast mir vorhin
mit allen was Du gesagt hast komplett aus der Seele gesprochen!“ ist mir
ziemlich lange im Ohr hängen geblieben.
Es war wieder einmal ein gelungener und erfolgreicher Abend, an dem ich
neue Denkanstöße bekam, die mich auch für zukünftige Veranstaltungen
das eine oder andere überdenken lassen werden.
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Lesung vom
12. Juni 2009 - Guttempler-Haus in Berlin
Am 12. Juni
fand auf Einladung einer Guttempler-Gruppe aus Berlin die Lesung in einem
umgebauten Pumpwerk statt, das der Gruppe als Treffpunkt dient. Abgesehen
von der herzlichen Begrüßung tat die wirklich tolle Umgebung ihr übriges, um
uns schon im Vorfeld positiv auf das einzustimmen, was folgen sollte.
Die ersten Diskussionen zum Thema Co-Alkoholismus hatte ich schon vor Beginn
der Veranstaltung, als mich sehr interessierte Besucher auf das Buch und auf
meine Erfahrungen ansprachen. Dabei stellte sich dann wieder einmal heraus –
und das hatte ich auch nicht anders erwartet – dass die Arbeit bzgl. des
Themas Alkohol- und Co-Abhängigkeit grundsätzlich nichts mit der Art der
Selbsthilfegruppe zu tun hat.
Die sich an die Lesung anschließende Diskussion mit den Zuhörern war auch
dieses Mal wieder sehr interessant und am Ende der Veranstaltung wurde auch
noch darüber gesprochen, den einen oder anderen Termin in Berlin folgen zu
lassen.
Lesung vom 20.
Juni 2009 - Fachklink Tönisstein
Die Einladung zum Sommerfest der Fachklinik Tönisstein kam direkt vom Leiter
der Klinik, Herrn Dr. Buschmann, der mir gegenüber äußerte, dass das Thema
Co-Alkoholismus seiner Meinung nach in Deutschland im Bereich der Literatur
stark unterrepräsentiert sei. Das war wohl auch sein Grund, dieses Thema
beim Sommerfest, dass unter dem Überbegriff „Angst““ thematisiert war, mit
in die Veranstaltung zu integrieren.
Die Einladung zu dieser Veranstaltung war für mich eine ganz besondere Ehre,
da meine Frau vor zwölf Jahren hier die Unterstützung fand, die sie
letztendlich auf den Weg in ihr heutiges Leben brachte.
Man hatte meine Frau und mich gebeten, die Betroffenen- und die
Angehörigenrede zu halten (siehe Ende dieses Artikels). Das Feedback zu
unseren Reden überraschte und sehr, denn wir waren nicht darauf vorbereitet,
dass die Besucher des Sommerfestes so positiv auf unsere Worte reagieren
würden. Während des ganzen Tages hatten wir immer wieder die Gelegenheit,
uns mit vielen anderen Besuchern zum Thema Co-Abhängigkeit auszutauschen.
Am Nachmittag gab es dann einen Workshop, der von einer Therapeutin geleitet
wurde und in dem es darum ging, wie die trockenen Alkoholiker und die
Co-Abhängigen selbst das typische Verhalten eines Cos sehen. Auch hier
erstaunte es mich nicht, dass das Ergebnis deckungsgleich war.
Abends hatte ich dann noch einmal die Gelegenheit, eine Lesung vor ca. 60
interessierten Zuhörern zu halten. Die Lesung war gegen 20 Uhr beendet, die
Veranstaltung selbst allerdings erst um 21:30 Uhr. Das lag daran, dass die
Zuhörer sich derart aktiv in die Diskussion einbrachten, dass wir alleine
1,5 Stunden über diskutierten.
Als Resümee kam am Ende für mich dabei heraus, dass ein sehr großes
Interesse daran besteht, „mein Thema“ öffentlich zu machen und ich hoffe,
auch in Zukunft dazu beitragen zu können, diese Diskussion zu erweitern und
den Status der Co-Alkoholiker mehr und mehr einer breiten Öffentlichkeit
zugänglich zu machen.
An dieser Stelle möchte ich mich auch noch einmal im Namen meiner Frau und
auch in meinem Namen ganz herzlich bei dem Team der Fachklinik Tönisstein
für die tolle Unterstützung bedanken, die ich im Vorfeld und auch bei der
Veranstaltung selbst erhalten habe!
Sehr geehrter Herr Dr. Buschmann, sehr geehrte Frau Kepka, sehr geehrte
Gäste des Sommerfestes,
heute stehe ich vor Ihnen, um den Teil der Veranstaltung zu übernehmen, der
„Betroffenen-Rede“ genannt wird. Vor fast zwölf Jahren war ich schon einmal
hier und hatte auch einen offiziellen Auftrag. Nur damals war mein Auftrag
der, hier endlich meinen Weg zu finden, denn ich war damals noch eine
Alkoholikerin in der nassen Phase.
Ich hatte vor zwölf Jahren eine Mords-Angst. Angst vor der Zukunft, Angst
vor meiner Partnerschaft und sogar Angst vor dem Leben im Allgemeinen. Aber
ich habe mich letztendlich doch auf eine Therapie eingelassen. Trotz aller
Ängste. Und warum? Weil mein Mann mir sagte, dass er mich verlassen würde.
Und zwar mit unserem damals sechsjährigen Sohn, wenn ich nicht endlich zur
Vernunft kommen würde.
Am Anfang dieser Therapie hatte ich eine Riesen-Angst, es auch dieses Mal
wieder nicht zu schaffen, ein abstinentes Leben zu beginnen. – Schließlich
hatte ich es schon oft genug versucht und war jedes Mal gescheitert. – Aber
von Tag zu Tag merkte ich, dass hier Menschen um mich herum waren, die mich
verstanden. Die mich so nahmen, wie ich war. Mit allen Fehlern und Macken
eines Menschen, der an seine Grenzen gestoßen war.
In den ersten Nächten habe ich mich jeden Abend in den Schlaf geweint. Ich
war völlig fertig und ganz unten angekommen. Aber durch die Therapie und die
endlos scheinenden, bis spät in die Nacht dauernden Gespräche mit meinen
Gruppenmitgliedern brachten mir mein Leben Stück für Stück zurück. Es war
ein harter Weg, aber ich habe ihn mir erarbeitet. Ich holte mir mein Leben
und mein Selbstbewusstsein zurück.
Ich habe in dieser Zeit sehr viel über das Leben, über mich und über meine
Mitmenschen gelernt. Ich merkte, dass das, was das Leben ausmacht – Liebe,
Empfindsamkeit, Ehrlichkeit, Selbstbewusstsein, Angst und Wut – von uns
Abhängigen fast gar nicht mehr registriert wird. Und schon während meiner
Therapie wurde mir klar, dass ich mich auf all das wieder neu einlassen
musste. Ich kann mich noch genau daran erinnern, was für ein tolles Gefühl
es war, das erste Mal wieder ganz bewusst die Vögel zwitschern zu hören. Und
dabei nicht daran denken zu müssen, wie ich an Alkohol komme. Das war
letztendlich die Belohnung dafür, dass ich mich auf diesen Prozess
eingelassen hatte.
Wie war das noch, als ich mit meiner Therapeutin Pia eine Auseinandersetzung
hatte und ich das erste Mal meine Meinung sagen konnte, ohne mich danach „zu
belohnen“, wie die ganzen Jahre vorher auch? – Mit einer Flasche Schnaps. –
Das sind mit die ersten und die schönsten Erinnerungen, die ich auf dem Weg
in meine Trockenheit hatte.
Nach den ersten drei Wochen meiner Therapie war mir klar, dass ich auf
keinen Fall eine Verlängerung in Anspruch nehmen würde. Ich wollte nach
Hause und die Welt verändern. Eine Verlängerung wäre für mich nichts anderes
als Urlaub gewesen. Schön, aber nicht das, was ich brauchte. Zu Hause
angekommen wurde mir allerdings ziemlich schnell klar, dass das mit dem
„Welt verändern“ so nicht funktionieren würde. Die Welt ließ sich nicht
ändern, aber ich konnte mich ändern. Warum sollte die Welt wegen mir auf
einmal anders funktionieren? Mir blieb nur übrig, mir einen eigenen Platz in
der Welt zu erkämpfen. Was aber nicht so einfach war, wie es sich heute
anhört.
Ich hatte einen Mann, der mit der neuen Situation genauso überfordert war,
wie ich. Und mein damals siebenjähriger Sohn hatte sich in den
zurückliegenden Jahren so weit von mir entfernt, dass auch hier eine ganze
Zeit vergehen sollte, bis wir wieder wie Mutter und Kind miteinander umgehen
konnten. Mit meinen Eltern musste ich mich noch aussprechen, was ziemlich
heftig war und ganz nebenbei war ich kurz vor Antritt meiner Therapie
schwanger geworden und erwartete Zwillinge.
Aber ich habe es geschafft. Ich habe das alles geschafft. Und zwar deshalb,
weil ich es wollte. Nicht weil man Mann es wollte, oder weil es so besser
für meinen Sohn war. Das waren alles wichtige Gründe, aber sie hatten nicht
gereicht, mich dazu zu bewegen, mein Leben zu ändern. Das habe ich ganz
allein in Angriff nehmen müssen. Weil ich es wollte und aus keinem anderen
Grund.
Meine Zeit in Tönisstein gehört für mich im Nachhinein gesehen zu den
schönsten, aber auch anstrengendsten Wochen meines Lebens. Ich habe hier
offene Menschen kennen gelernt, die mir beibrachten, an mich zu glauben.
Nicht blind zu vertrauen, sondern nachzudenken und selbst zu entscheiden.
Und genau das ist es, was ich während meiner nassen Phase nicht konnte.
Eigenständig Entscheidungen treffen und die Folgen meiner Entscheidungen zu
akzeptieren.
Um bei diesem Leben zu bleiben, bin ich schon kurz vor meiner Zeit in
Tönisstein in eine Kreuzbundgruppe eingetreten. In „meine“ Kreuzbundgruppe 9
in Bottrop. Und bis heute kann ich mir nicht vorstellen, dieser
Selbsthilfegruppe irgendwann einmal nicht mehr anzugehören. Die Arbeit
einmal pro Woche ist ein wichtiger Bestandteil meines Lebens geworden und
jedes Treffen gibt mir immer wieder die Kraft, meinen Weg weiter zu gehen,
wie schwer er mir auch manchmal erscheint.
Ich möchte Ihnen und Euch allen mit auf den Weg geben, dass es sich immer
lohnt, noch einmal ganz von vorn anzufangen und sich nicht aufzugeben. Ganz
gleich, wie groß die Angst davor auch sein mag. Ich habe in Tönisstein die
Erfahrung machen können, wie die ersten Schritte meines neuen Lebens
aussehen. Die Schritte selbst musste ich allerdings ganz allein machen. Und
das ist auch gut so. Denn ich habe mich lang genug durch meine Sucht durch
das Leben führen lassen, ohne meine Wünsche und Ziele zu äußern und das
könnte ich nie wieder ertragen.
Ich wünsche Ihnen allen, dass sie einen ebenso positiven Weg für Ihr Leben
finden, wie ich. – Falls Sie ihn nicht längst schon gefunden haben. – Und
abschließend wünsche ich uns noch ein schönes Sommerfest hier in der
Klinik.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Ihre/Eure Simone Student
Ansprache von mir (Berthold Student) beim Sommerfest der Fachklinik
Tönisstein
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bedanke mich zunächst einmal bei Herrn Dr. Buschmann und Frau Kepka
dafür, dass ich heute an dieser Veranstaltung aktiv teilnehmen darf. Das
hätte ich mir vor zwölf Jahren nicht träumen lassen, als meine Frau vor der
Entscheidung stand, sich ihrer Sucht zu stellen und ihr Leben zu ändern,
oder weiterhin in ihren Suchtstrukturen zu verharren.
Warum ich mir das nicht hätte träumen lassen? Weil ich damals nur die
Krankheit meiner Frau sah. Weil ich nur die Probleme der Alkoholikerin sah,
die man behandeln musste. Da ich ja nicht krank war, musste meine Frau zur
Therapie und ich durfte warten und hoffen, dass alles wieder so würde, wie
es vor ihrer Alkoholerkrankung war. Damals gab es aus meiner Sicht
niemanden, der sich um meine Probleme kümmerte. – Oder habe ich vielleicht
nur nicht konsequent nach Verständnis gesucht? – Aber zum Glück gab es ja
Menschen und Einrichtungen wie die Klinik in Tönisstein, die sich um meine
Frau kümmerten. Und die zumindest ihr professionell helfen wollten.
Vor zwölf Jahren um diese Zeit hatte ich jeden Tag große Angst. Angst davor,
dass meine Frau nie wieder gesund werden würde. Angst davor, wie unser
damals siebenjähriger Sohn die ganze Geschichte verkraften würde. Angst
davor, was aus unserer Partnerschaft würde. Und nicht zuletzt Angst davor,
was aus mir würde. Und genau wie bei dieser Reihenfolge, standen ich und
meine Ängste am Ende der Rangliste. Ich nahm Rücksicht auf alle anderen und
nahm mich und meine Probleme nicht wichtig genug. Ich habe mich und mein
Leben damals nicht ernst genommen.
Was ich in den letzten zwölf Jahren gelernt habe ist, mit meinen Ängsten
umzugehen und sie dabei nicht die Kontrolle über mein ganzes Leben
übernehmen zu lassen. Und diese Ängste sind die eines typischen
Co-Alkoholikers.
Dabei geht es um die Angst vor einem Rückfall meiner Frau. Ich musste
lernen, dass ihre Alkoholkrankheit nicht heilbar ist. Egal, wie lange eine
trockene Phase auch immer dauern mag. Und wird bei einem Rückfall nicht
wieder das gleiche miese Leben von vorn beginnen, dass wir schon einige
Jahre lang geführt haben und das mittlerweile schon so lange hinter uns
liegt?
Aber natürlich geht es auch um mich und um meine Krankheit, die der
Co-Abhängigkeit.
Ja, ich bin krank! Und das, obwohl meine Krankheit offiziell gar nicht
existiert, denn sie wird im medizinischen Sinne nicht als Krankheit
definiert. Vielleicht als Unwohlsein, als zeitweilige Desorientierung oder
als was auch immer, aber definitiv nicht als Krankheit. Aber aus meiner
Sicht bin ich krank. Weil ich ein Co-Alkoholiker bin. Und aus dieser Nummer
komme ich nie wieder heraus. Da bin ich mir absolut sicher.
Wir haben seit Simones Therapie hier in Tönisstein viel an uns gearbeitet.
Es gab da eine Ehetherapie, die uns als Paar wieder näher brachte. Wir
nahmen auch Hilfe in Anspruch, als uns zwischenzeitlich wieder einmal unsere
Probleme über den Kopf zu wachsen drohten. Wir haben eine ganze Menge von
Aktivitäten gestartet. Aber was auch immer wir seither unternahmen, haben
wir gemeinsam getan, für uns und die Familie.
Hatte ich vor vielen Jahren meiner Frau aus lauter Verzweiflung noch den Tod
gewünscht, so habe ich ziemlich schnell verstanden, dass nach ihrer Therapie
für mich nichts ohne sie ging. Und da wir beide davon überzeugt waren, dass
jeder an sich arbeiten musste, um als Paar zusammen zu bleiben und unserer
Familie eine Zukunft zu geben, wagten wir einen Neuanfang. So kamen wir auch
ganz schnell in den Kontakt zum Kreuzbund, einer Selbsthilfegruppe mit dem
Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“. Und unsere Arbeit in dieser Gruppe ist bis
heute einer der wichtigsten Aktivitäten unseres Lebens geworden, um
weiterhin auf unserem Weg zu bleiben. Aus meiner Sicht ist das eine
Lebensaufgabe, da ich ansonsten Gefahr laufe, ganz schnell wieder in mein
altes Schema zurück zu fallen.
Für mich sind die Suchterkrankung und die Mitgliedschaft in einer
Selbsthilfegruppe wie ein Marathonlauf. Der Eintritt in die Gruppe ist der
Startschuss und das Ziel ist eine lebenslange Abstinenz. Ist das einmal
verinnerlicht, steht man nach einem Rückfall wieder auf, besinnt sich neu
und begibt sich weiter auf den Weg des Lebens. Das gleiche gilt natürlich
auch für mich. Denn wenn ich wieder in mein typisches Kontrollmuster eines
Cos verfalle, muss auch ich wieder aufstehen, mich besinnen und meinen Weg
weitergehen.
Gemeinsame Ziele finden war für mich von Anfang an die wichtigste
Motivation. Als Paar und als Familie. Mir war klar, dass wir eine gemeinsame
Basis brauchten, wenn wir nicht immer wieder auf unsere alten Probleme
schauen wollten, statt den Blick nach vorn zu richten. Und das war nicht
immer einfach. Man stelle sich dazu nur einmal vor, dass wir während der
Therapiezeit meiner Frau von ihrer Schwangerschaft erfuhren. Und damit nicht
genug, denn es wurden sogar Zwillinge, was noch mehr zusätzliche Belastung
darstellen sollte. Eine Nachricht, die uns damals ganz schön überraschte,
aus heutiger Sicht allerdings in vieler Hinsicht ein Segen für uns ist.
Denn, was gibt es wichtigeres, als das Ziel zu erreichen, trocken zu
bleiben, weil man schwanger ist? Aber abgesehen von all unseren Aktivitäten
hinsichtlich eines normalen Lebens, hatte ich eines nicht eingeplant; meine
Rolle als Co-Alkoholiker.
Ich habe viele Jahre dafür gebraucht, um meine Definition eines
Co-Alkoholikers zu finden. Wobei ich überhaupt nicht aktiv nach ihr gesucht
habe. Aber irgendwann war mir klar, wo mein Problem lag.
Ich war eifersüchtig auf meine Frau.
Eifersüchtig auf den Alkoholiker an meiner Seite.
Früher war meine Frau die arme und bemitleidenswerte Alkoholikerin, die eh
nur trank, weil ihr Mann so unerträglich war. Und ich war quasi Schuld an
ihrem Problem. Als sie aber aus der Therapie kam, hörte ich an allen Ecken
und Kanten, wie erfolgreich meine Frau sei und was sie doch alles Tolles
geschafft habe. Von mir sprach auch dieses Mal keiner, denn ich hatte
natürlich keinen Anteil an ihrem positiven Zustand. Und mit Freunden und
Familienmitgliedern reden konnte ich auch nicht. Es ist schon schwierig
genug, über Alkoholprobleme zu sprechen, aber wie soll man über ein Problem
sprechen, was keiner kennt? Und von dem auch keiner glaubt, dass es das
gibt? Mir hat mein damals bester Freund gesagt, dass er nicht verstehen
könne, worüber ich überhaupt spreche. Meine Frau hätte schließlich das
Problem, aber doch nicht ich.
Durch meine Mitgliedschaft in unserer Kreuzbundgruppe wurde mir im Laufe der
Jahre klar, dass ich mit diesem Problem nicht allein war. Allerdings wurde
dieses Thema nicht offen diskutiert, sondern eher in den Pausen besprochen.
Und genau das war etwas, das mir nicht reichte. Ich wollte nicht wichtiger
sein, als die trockenen Alkoholiker in meiner Gruppe, aber ich wollte
zumindest genau so wichtig sein und mit meinen Problemen ernst genommen
werden. Ich wollte eine Diskussion anregen, die bewirkt, dass man die
Co-Alkoholiker auf der gleichen Stufe sieht, wie die Alkoholiker auch. Als
Menschen mit Ängsten und psychischen Problemen, die einer entsprechenden
Behandlung bedürfen. Warum gibt es für mich keine acht Wochen Tönisstein?
Warum nennt sich mein Zustand nicht offiziell „Krankheit“, so, wie es auch
mit der Alkoholkrankheit seit den 60er Jahren der Fall ist? Im Internet
findet man Aussagen von offizieller Seite, dass es in Deutschland ca. 1,7
Millionen alkoholkranker Menschen gibt und jeder dieser Alkoholiker zwei bis
vier Co-Alkoholiker um sich herum hat. Das sind dann immerhin 3,4 bis 6,8
Millionen Menschen. Aber trotzdem gibt es keine Lobby für mich.
Das alles hat mich dazu bewogen, zu diesem Thema ein Buch zu schreiben, in
dem ich meine Erfahrungen schildere wie es ist, wenn man mit einem
alkoholkranken Partner zusammen lebt. Was alles täglich passiert. Was
Todesangst bedeutet. Aber vor allen Dingen, wie das Verhalten eines
Co-Alkoholikers ist und dass man letztendlich sich selbst in Bewegung setzen
muss, um aus dieser Situation heraus zu kommen, statt sich nur über das
ganze Leben zu beschweren.
Nicht der Alkoholiker ist Schuld an meiner Misere, sondern einzig und allein
ich selbst!
„Verantwortung für sich selbst übernehmen“ ist das Zauberwort für mich
geworden.
Ich weiß von vielen anderen Menschen mit der gleichen Geschichte wie ich,
dass sie alles genau so oder zumindest ähnlich erlebt haben und ebenfalls
Hilfe und Unterstützung suchen. Und ich habe mir auf die Fahne geschrieben,
dass meine Krankheit publik gemacht wird. Das sie irgendwann hoffentlich
auch ganz offiziell Krankheit heißen wird. Damit wir auch ganz offiziell die
Unterstützung bekommen, die ich vor zwölf Jahren dringend gebraucht hätte.
Hilfe von Fachleuten und Aufmerksamkeit von meinem Umfeld.
Aber alles was ich geschafft habe und hoffentlich auch noch schaffen werde
basiert nur darauf, dass ich mich weiterentwickle und nicht stehen bleibe.
Und das sich unsere Partnerschaft weiter entwickelt. Denn viele Menschen die
ich kenne, die es geschafft haben, vom Alkohol weg zu kommen, haben sonst in
ihrem Leben nichts geändert. Sie haben aufgehört zu trinken. Ja. Aber das
war es auch schon. Sie haben „nur“ die Flasche zur Seite gestellt. Ich bin
der Meinung, dass nach einer Therapie die Arbeit erst richtig beginnt. Eine
lebenslange Arbeit für den Abhängigen und seinen Partner.
Wie wichtig das Thema Co-Abhängigkeit ist, zeigt mir auch meine Einladung zu
dieser Veranstaltung. Wenn Fachleute in dieser Klinik das Thema ernst
nehmen, dann kann ich mit einer Meinung nicht so ganz falsch liegen.
Was mich außerdem stark beflügelt, das Thema Co-Alkoholismus weiter voran zu
treiben, ist die offizielle Aussage der Sprecherin des Bundesverbandes des
Kreuzbundes zu meiner Meinung zum Thema Co-Abhängigkeit. Sie spricht in
einem Brief an mich davon, dass es der Kreuzbund ablehnt, dass die
Co-Alkoholiker ihren Zustand als Krankheit verstehen. Co-Abhängige sollten
viel mehr von ihrer Stärke leben und diese in den Vordergrund stellen, zumal
für sie die Gruppenarbeit zwar auch wichtig sei, aber sie in den meisten
Fällen nur einen kurzen Aufenthalt in einer Gruppe bräuchten. Hierbei
übersieht meiner Meinung nach unser Bundesvorstand allerdings die enge
Verknüpfung zwischen Alkoholerkrankung und Co-Abhängigkeit.
Solange es Menschen in Entscheidungsgremien gibt, die das Problem von
Millionen von Menschen ignorieren, bin ich der Meinung, dass man diesen
sogenannten „Entscheidern“ vor Augen führen muss, dass sie mit ihrer Meinung
ganz einfach falsch liegen. Denn der Kreuzbund ist keine
Zweiklassengesellschaft: Menschen Erster Klasse: Alkoholiker – Menschen
zweiter Klasse: Mitbetroffene.
Ich bin der Meinung, dass die Suchtstruktur des Menschen sich z.B. im
Alkoholiker, im Co-Abhängigen, im Spiel- und Kaufsüchtigem zeigen kann.
Letztendlich ist das Gesicht der Sucht vielfältig.
Zum Abschluss bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche uns noch
viel Spaß auf dem Sommerfest.
Ihr/Euer
Berthold Student
http://www.ahg.de/AHG/Standorte/Toenisstein/Service/Presse/Aktuelles/Sommerfest_09.html
Lesung vom
12. August 2009 in Bochum
Die Lesung im alten
Pfarrhaus war schon im Vorfeld durch die historische Umgebung für mich etwas
Besonderes. Die großen Räumlichkeiten, die die mehr als 100-jährige
Geschichte des Hauses widerspiegelten, verliehen der Veranstaltung einen
auch optisch sehr interessanten Rahmen.Auch dieses Mal machten mir die
interessierten Zuhörer in der sich der Lesung anschließenden Diskussion
deutlich, dass das Thema Co-Abhängigkeit ein weit verbreitetes und stark
unterschätztes Erscheinungsbild ist. Aus dem Auditorium gab es
Erfahrungsberichte und Erlebnisse, die auch meinem Erlebten glichen. Vor
allen Dingen war es für mich wieder sehr interessant, dass auch die
trockenen Alkoholiker deutlich machten, den einen oder anderen
Aspekt so noch nicht gesehen zu haben.
Ganz besonders gefreut habe ich mich über den Beitrag eines über
achtzigjährigen Teilnehmers, der mir sagte, dass er bisher noch keinen Mann
hätte so über seine Gefühle reden hören, wie ich es in meinem Buch tue. Vor
allen Dingen aber sei er fest überzeugt davon, dass wir wesentlich weniger
Probleme mit uns selbst und unserem Leben hätten, wenn das "die anderen
Kerle" auch so machen würden. Wenn das kein Ansporn für mich ist,
genau an dieser Stelle weiterzumachen?
Lesung vom 26. September 2009 in Berlin-Karow
Mittlerweile war es schon die dritte Lesung,
zu der ich in Berlin eingeladen wurde. Was mich dabei ganz besonders freute
war die Tatsache, dass der zweite und dritte Termin aufgrund der Initiative
der Menschen zustande kam, die mir bereits im April zum ersten Mal eine
Plattform in ihrer Stadt zur Verfügung gestellt hatten, um das Thema
Co-Alkoholismus zu präsentieren.
Die Lesung in Berlin Karow war Bestandteil einer Gesundheitsmesse, die in
der Robert-Havemann Schule stattfand. Bei dieser Veranstaltung waren alle
Schüler mit aufgerufen, sich im Rahmen eines Projektes aktiv um die
einzelnen Themen zu kümmern. Eines dieser Projekte befasste sich dabei auch
mit dem Thema Abhängigkeiten.
Meine Einladung bekam ich über die Lehrerin eines Deutsch Leistungskurses,
der sich mit meinem Buch auseinandersetzt. Die Teilnahme bei meiner Lesung
war somit für die Kursteilnehmer eine Pflichtveranstaltung. Wer allerdings
dachte, dass die Jugendlichen aus der 12. Klasse ihre Zeit lediglich
absitzen würden, wurde positiv überrascht. Die Diskussion nach der Lesung
wurde nicht nur von den anwesenden Lehrern und anderen Zuhörern geprägt,
sondern ganz besonders von den Schülern selbst.
Es gab Fragen, die sehr deutlich machten, dass der eine oder andere bereits
negative Erfahrungen mit dem Thema Alkohol gesammelt hat. Für sich selbst
oder auch mit seinem direkten Umfeld. Und bei diesen Fragen wurde meine
Frau, die ebenfalls wieder im Publikum saß, aktiv mit einbezogen. Dabei ging
es unter anderem darum, wie sie mit meinen zum Teil sehr intensiven
Gefühlsbeschreibungen umgehen könne.
Die Lesung in Berlin Karow war für mich etwas ganz besonderes, denn aus
meiner Sicht muss dem Thema Prävention in Bezug auf
Abhängigkeitserkrankungen viel mehr Zeit geschenkt werden. Wenn wir in der
Lage sind, die Altersklasse zu erreichen, die bei dieser Veranstaltung zum
Großteil in der Lesung saß, habe ich große Hoffnungen, dass viele von ihnen
mit dem Thema Anhängigkeiten sensibler umgehen werden, als die Masse der
Menschen.
Informationen zur Veranstaltung:
http://www.karowaktiv.de